Präzision und Proportionen bestimmen den Raum
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden Konzertsäle für die Musikrichtung der vorherrschenden Musik gebaut. Raumproportionen, Akustik und Ausstattung waren eine räumliche Antwort auf den aktuellen musikalischen Zeitgeist.
Wie soll nun ein Konzertsaal errichtet werden, der den verschiedenen Musikrichtungen der letzten Jahrhunderte gerecht wird?
Der Saal in Vitznau kann viel, doch hat er einen unverkennbaren Charakter. Der Saal spiegelt eine gedankliche und musikalische Renaissance des 21. Jahrhunderts wider. Aus dem Wunsch heraus, die Musik als intensives Erlebnis zu erfahren, sollte ein Raum mit intimem Charakter entstehen - ein in sich ruhender Raum, basierend auf den Gesetzen universeller Harmonien.
Die räumliche Gestalt des Konzertsaals zeichnet ein musikalisches Bild:, er ist eine räumliche Antwort auf die Musik. Raumproportionen, Gliederungen und Faltungen entsprechen direkt den Intervallverhältnissen der reinen Stimmungen. Quinten, Quarten und Terzen bestimmen den Raum in allen 3 Dimensionen. Es entstand ein Kammermusiksaal, der sowohl für bis zu einem Oktett aber auch für Chöre, wie die Wiener Sängerknaben, ausgelegt ist. Der Saal fasst 280 Zuschauerplätze.
Jedes Detail wurde konsequent auf die räumlich-akustischen Anforderungen des Klangs optimiert. Aufwändige Simulationen, Akustik-Massstabsmodelle und spezielle Haustechnik setzen sich in den Dienst des perfekten Klangerlebnisses. Um verschiedenste musikalische Stile und Anlässe zuzulassen, ist der Kammermusiksaal akustisch sehr flexibel. Drehbare Akustikpaneele im Saal haben eine reflektierende und eine schallabsorbierende Seite, so lässt sich die Nachhallzeit je nach Konfiguration im Raum halbieren. Es entstand ein Saal, der den differenten musikalischen Ausdrucksformen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.
Das Gebäude wurde, um sich und die Umgebung vor lokalen Naturgefahren zu schützen, komplett unterirdisch erstellt. Dies ermöglicht es, völlig in ein Klanguniversum abzutauchen, fernab von alltäglichen Ablenkungen. Die oberirdische Welt spiegelt sich in den sonnenfarbenen Metallwänden mit ihren Reflexionen und Schatten wieder - ergänzt von den erdenden Holzböden. Zugleich sind die Messingwände der konkrete Ausdruck der akustischen Qualitäten des Saals; Klarheit und Wärme. Die Wände sind in handwerklichen Verfahren hergestellt, hauchdünne Messingblätter wurden im Schlagmetall-Verfahren auf die Wände aufgebracht.
Der Kammermusiksaal ist ein harmonischer Ort für höchsten Musikgenuss.
2020 - 2023
Bauherrschaft:
Park Hotel Vitznau AG
Planungsphasen:
Entwurf, Ausführungsplanung
Planergemeinschaft:
Paul Zimmermann + Partner, Vitznau
Silvia Gmür Reto Gmür Architekten, Basel
Projektleitung:
Elisa Gutermuth
Mitarbeit:
Philipp Müller, Marta Wróblewska, Duarte Krüger
Fotos:
Ralph Feiner